OW Programm 2022 – Text und Bilder von der Künstlerin Tita Gronemeyer

Wiesn Originale – Der Wurzlsepp

Seit den 1880er Jahren hatte der Wurzlsepp seinen Schnapsstand auf dem Oktoberfest (nahe der St. Paulskirche).

Der „Krauterer“ war klein und schmal, knochig, faltig und schmutzig – roch aber angeblich nach Thymian und Schwammerl. Einen fransigen grauen Bart trug er, den gleichen wie seine zwei Geißen, die ihn überallhin begleiteten mit ihrem Leiterwagerl.

Sein Markenzeichen: ein extrem breitkrempiger, grüner Filzhut. Das Gewand bestand aus einer abgetragenen knielangen Ledernen, Strickstrümpfen, einem alten Janker, darunter eine grüne Weste, die er an Feiertagen mit Grandln und großen Silbertalern schmückte. Stets dabei ein riesiger Rucksack oder eine „Kirm“ – ein hoher Flechtkorb mit Schulterriemen. Das Jahr über sammelte er seine Kräuter und Wurzeln überall in den bayerischen Bergen.

Sein bürgerlicher Name: Josef Neumaier, geboren 1830 im oberpfälzischen Trautenberg. Sein Wesen: pfiffig, schlagfertig, immer zu Späßen aufgelegt und ein Pfeiferl war stets zur Hand.

Wehe aber, es gab Nasenrümpfen und Kritik an seinen permanent schmutzigen Gläsern: da nahm er das Schüttfaß – denn fließend Wasser gab es damals nicht auf der Wiesn – und das mäklerische Publikum wurde grob „bedient“.

Wiesn Originale – Der Wurzlsepp

Der Wurzlsepp wußte viel um die Heilkraft der Kräuter und Wurzeln, gerne gab er Ratschläge zu Gesundheit und Körperpflege und das Geschäft lief gut mit seinen Elixieren und dem weithin berühmten selbstgebrannten Enzian. Sogar im Frankenland war er auf diversen Volksfesten tätig.

Aber sein Revier war das Münchner Oktoberfest. Die Leute hatten viel Spaß an ihm, er machte Späße auf Kosten der Leute, besonders das „Weiberleut“ lockte ihn zu Frechheiten. Eine letzte Fotografie zeigt den kauzigen Kerl 1900 auf dem Oktoberfest. Gestorben ist der Wurzlsepp 1901 in Westerham.