OW Programm 2022 – Text und Bilder von der Künstlerin Tita Gronemeyer

Aeronautik auf dem Oktoberfest 1820
Wilhelmine Reichardt (1788 – 1848)

Aeronautik auf dem Oktoberfest 1820 Wilhelmine Reichardt (1788 - 1848)

Napoléon hatte es vorgemacht: die aufsehenerregende Ballonfahrt von Madame Blanchard anläßlich seiner Hochzeit 1810 in Paris. 1820 genehmigte König Max I. Joseph – ein großer Verehrer Napoléons – solch eine Darbietung zum 10 jährigen Hochzeitsjubiläum des Kronprinzen Ludwig und seiner Therese.

Als erste Frau in Deutschland durfte Wilhelmine Reichardt – wie die Prinzessin kam sie aus Sachsen – am 1. Oktober von der Festwiese aus aufsteigen. Das professionelle Luftschifferehepaar Reichardt hatte den Antrag gestellt. Die Finanzierung sollte mittels freiwilliger Beiträge, Mindestgebot 1 Gulden, erfolgen. So durfte man mit dem Erwerb eines Billets später dem Befüllen des Ballons beiwohnen. Dieser wurde von den Reichardts – vom Prater aus Wien angereist – 2 Wochen lang im MünchnerRathaus ausgestellt: ein recht langer Korpus, Durchmesser 7m, gefertigt aus 2 farbiger gefirnister Leinwand. Volumen 180 qm, Füllstoff leicht entzündliches Wasserstoffgas.

Professor Gottfried Reichardt aus Dresden und selbst Leiter einer chemischen Fabrik reduzierte schließlich seine Geldforderung und garantierte die Rückzahlung bei Misserfolg.

Aber es wurde ein Triumph: nach dem traditionellen Pferderennen gab Madame die Leinen frei, schwenkte im Aufsteigen eine extra bestickte Fahne und ließ unzählige Flugblätter mit Gedichten zu Ehren des Könighauses zu Boden schweben. Sie landete wohlbehalten bei Zorneding, von wo ein vorbeifahrender Wachstuchfabrikant sie zurück nach München brachte.